JTBD vs. Customer Gains

JTBD von Customer Gains unterscheiden & exakt formulieren

Jobs to Be Done sind ein methodischer Ansatz, mit dem Du Dein Geschäftsmodell auf die Wünsche Deiner Kunden auszurichten kannst. Ein wichtiges Element, das eng mit JTBD im Zusammenhang steht (aber nicht identisch ist), sind Customer Gains. In der Praxis passiert es jedoch häufig, dass JTBD und Customer Gains nicht klar voneinander unterschieden werden, wodurch es zu später zu Problemen kommt.

In diesem Artikel lernst Du, wie Du beides mit Hilfe von Job Statements und Need Statements präzise voneinander unterscheiden kannst.

JTBD vs. Customer Gains

Zwischen Jobs to Be Done (JTBD) und Customer Gains bestehen zum einen einige Zusammenhänge & Gemeinsamkeiten, zum anderen gibt es jedoch auch einige wichtige Unterschiede zwischen beiden Elementen.

Zusammenhänge & Gemeinsamkeiten

Bevor ich näher darauf eingehe, wie sich JTBD und Customer Gains voneinander unterscheiden, möchte ich Dir zunächst zeigen, welcher Zusammenhang zwischen beidem besteht. Das soll Dir dabei helfen, besser zu verstehen, warum sie so oft miteinander verwechselt werden.

Die Verwirrung entsteht häufig, weil wir eine Aufgabe erledigen (JTBD) möchten, um damit ein bestimmtes Ergebnis (Customer Gain) zu erzielen. Manchmal soll ein JTBD auch auf eine bestimmte Art und Weise bzw. mit einer besonderen Qualität erledigt werden. Im Alltag trennen wir beides allerdings oft weder sprachlich noch gedanklich klar voneinander.

Gemeinsamkeiten von JTBD & Customer Gains

Gerade der letzte Fall ist besonders schwierig, weil der Customer Gain sozusagen im JTBD “versteckt” ist. Wenn wir beispielsweise sagen, dass wir laute Musik hören wollen, dann ist der eigentliche JTBD Musik hören, während laut die Qualität des Jobs beschreibt. Mit laut wird deshalb bereits ein Customer Gain beschrieben.

Deutlich wird das, wenn jemand anderes sagen würde leise Musik hören. In diesem Fall wäre der JTBD immer noch der gleiche (Musik hören), während sich der Customer Gain geändert hat. (Nämlich von laut zu leise.)

Unterschiede zwischen JTBD & Customer Gains

Während Jobs to Be Done den Fortschritt eines Prozesses, einer Tätigkeit oder einer Aufgabe beschreiben, erklären die dazugehörigen Customer Gains das gewünschte Ergebnis, den Outcome oder den Need, den der JTBD erfüllen soll. Außerdem kann ein Customer Gain auch eine bestimmte Qualität eines JTBD angeben.

Kurz gesagt definiert ein JTBD, was erledigt werden soll, während der dazugehörige Customer Gain beschreibt, wann der Job to Be Done gut erledigt wurde.

Warum Du JTBD und Customer Gains unterscheiden solltest

Die Unterscheidung zwischen JTBD und Customer Gain ist in mehrerer Hinsicht von Vorteil für Dich. Erstens kann es vorkommen, dass ein angestrebter Customer Gain mit Hilfe verschiedener JTBD erreicht werden kann. In diesem Fall können also unterschiedliche JTBD dafür genutzt werden, ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen.

Zweitens kann es sogar sein, dass der JTBD selbst gar nicht gewünscht ist, sondern nur der Customer Gain. Hier wäre es also für Dich möglich, Deinen Nutzern und Kunden den JTBD (mit Hilfe Deines Produktes oder Services) komplett abzunehmen und sie unmittelbar zum Ziel bzw. Customer Gain zu bringen.

Drittens kannst Du durch die Trennung von JTBD und Customer Gains auch erkennen, dass ein und derselbe JTBD dazu genutzt wird, um mehrere Customer Gains zu erreichen. Das hilft Dir zum Beispiel dann, wenn Du entscheiden musst, auf welchen Customer Gain Du Dich konzentrieren solltest, wenn Du Deinen Kunden bei ihrem JTBD hilfst.

Job Statements vs. Need Statements

Damit Dir die Unterscheidung zwischen JTBD und Customer Gains leichter fällt, kannst Du sie mit Hilfe von zwei verschiedenen Statements formulieren. Jobs to Be Done solltest Du mit sogenannten Job Statements festhalten, während Du Customer Gains als Need Statement festhältst.

Job Statements

Wenn Du Jobs to Be Done als Job Statement formulieren möchtest, gibt es einige simple Dos & Don’ts, auf die Du dabei achten solltest.

Erstens solltest Du darauf achten, Jobs to Be Done immer aus Sicht des Job Performers zu formulieren und nicht aus Deiner eigenen Perspektive. Der Job Performer ist dabei derjenige, der den von Dir entdecken Job to Be Done durchführen muss bzw. will; also der Kunde oder Nutzer Deiner Value Proposition.

Zweitens solltest Du Dein Job Statement stets durch sogenannte Clarifier ergänzen. Diese liefern Dir wertvolle Informationen darüber, in welchem Kontext bzw. welcher Situation der JTBD durchgeführt werden soll.

Drittens solltest Du jeden Job to Be Done so formulieren, dass er zeitlich stabil ist, sich also nur extrem selten verändern wird. Dadurch stellst Du sicher, dass Du wirklich zum Kern des Ganzen vordringst. Um das zu erreichen, darf weder eine bestimmte Technologie noch Dein Produkt Teil Deines Job Statements sein. Auch Techniken und Methoden musst Du vermeiden, wenn Du Deine JTBD formulierst.

Darüber hinaus solltest Du prüfen, ob sich versehentlich Konjunktionen wie Und bzw. Oder in Dein Job Statement geschlichen haben:

  • Und ist ein Zeichen dafür, dass Du zwei oder mehrere Jobs to Be Done in einem einzigen Job Statement vereint hast.
  • Oder ist hingegen ein Hinweis darauf, dass Du den eigentlichen JTBD noch nicht erkannt hast. (Anscheinend hat Dein Job Performer zwei Optionen, um seinen Customer Gain zu erledigen.)

Manchmal tauchen auch Beobachtungen oder Vorlieben in Job Statements auf. Auch das solltest Du auf jeden Fall vermeiden.

Dos & Don'ts

Dos

  • Formuliere aus der Perspektive des Job Performers.
  • Stelle Zeitlosigkeit und Stabilität sicher.
  • Erzeuge Klarheit durch ausreichend Kontext.

Don’ts

  • Technologien oder Produkt-Lösungen
  • Techniken oder Methoden
  • Kombinationen oder Reihungen durch Und bzw. Oder
  • Beobachtungen oder Vorlieben
  • Adjektive und qualitative Ergänzungen

Aufbau eines Job Statements

Diese Dos & Don’ts lassen sich viel einfacher umsetzen, als Du jetzt vielleicht glaubst. Denn erfreulicherweise ist die Formel für gute Job Statements ausgesprochen simpel:

  • Ein Job Statement besteht aus einem Objekt und einem Verb, das (falls nötig) durch Clarifier näher ergänzt wird.

Beispiele für Job Statements

Damit Du Dir siehst, wie Du durch diese einfache Formel die oben genannten Tipps berücksichtigen kannst, habe ich hier einige Beispiele für problematische Job Statements und verbesserte Alternativen für Dich zusammengestellt:

Wie Du siehst, liegt allen Formulierungen der ersten Spalte in Wahrheit nur ein einziger JTBD zugrunde. Menschen möchten Musik hören. Dieses Job Statement ist zeitlos und wird sich nie ändern. Es beinhaltet weder Technologie oder bestimmte Methoden, noch spiegelt es bestimmte Beobachtungen oder Vorlieben wider.

Clarifier für Job Statements

Für sich allein genommen ist ein solches Job Statement natürlich (noch) nicht wirklich hilfreich. Was ihm fehlt, ist der Kontext und die Situation, in der dieser JTBD erledigt werden soll. Deshalb ergänzen wir unser Job Statement nun mit Hilfe von Clarifiern mit einigen zusätzlichen Informationen.

Für den Job to Be Done Musik hören sind natürlich eine Vielzahl von Situationen denkbar. Deshalb ist es wichtig, dass Du durch Deine User Interviews ein klares Verständnis vom jeweiligen Kontext erlangt hast, in dem Deine Zielgruppe ihre JTBD durchführen möchte.

Sehr hilfreich, um an diese Informationen zu gelangen, ist beispielsweise auch die Empathy Map aus dem Design Thinking.

Need Statements

Auch Customer Gains kannst Du mit Hilfe einer standardisierten Formel formulieren: dem Need Statement. Mit einem Need Statement kannst Du den JTBD klar vom eigentlich Outcome trennen. Auf diese Weise erkennst Du, wann Dein Kunde der Ansicht ist, dass sein Job to Be Done erfolgreich erledigt wurde.

Die Formel für Need Statements ist einem Job Statement zwar recht ähnlich, weist jedoch ein paar feine Unterschiede auf:

  • Ein Need Statement besteht aus einem Objekt, einer Metrik und einem Richtungsverb und wird (falls nötig) durch Clarifier ergänzt.

Aufbau eines Need Statements

Klingt kompliziert? Ist es nicht!

  • Zuerst legst Du in Deinem Need Statement fest, worum es genau geht (Objekt).
  • Danach überlegst Du Dir, wie sich das Objekt messen lässt. (Häufige Maßeinheiten sind Zeit, Geld, Aufwand, Risiko oder auch Wahrscheinlichkeit.)
  • Zuletzt hältst Du fest, in welche Richtung sich Dein Messobjekt “bewegen” soll. Die beiden beliebtesten Richtungsverben sind minimieren bzw. maximieren. Denkbar sind jedoch auch senken, verbessern, erhöhen etc.
  • Falls Du es sinnvoll findest, kannst Du auch Dein Need Statement mit einem Clarifier erweitern.

Beispiel für ein Need Statement

Nehmen wir einmal eines der Job Statements aus dem vorherigen Abschnitt: Musik hören, während ich ausgedehnte Fahrrad-Touren unternehme.

In Deinen Interviews könntest Du entdeckt haben, dass Deine Zielgruppe tagelange Touren mit dem Fahrrad unternimmt und dabei häufig in der Wildnis zeltet. Dadurch sind die Möglichkeiten Deiner potenziellen Kunden, den Akku ihrer technischen Geräte aufzuladen, sehr begrenzt.

Beispiel für ein Need Statement

Kurzum: Sie benötigen eine lange (Akku-)Laufzeit. Demnach würde das Need Statement für diese Zielgruppe lauten:

  • Die Laufzeit des Akkus maximieren.

Das Objekt dieses Need Statements ist der Akku, die dazugehörige Metrik ist dessen Laufzeit, maximieren ist das dazugehörige Richtungsverb.

Falls Du Dein Need Statement noch präziser gestalten möchtest, kannst Du auch eine konkrete Zielgröße festlegen:

  • Die Laufzeit des Akkus um 5h steigern.

Tipps & Tricks

Zum Schluss möchte ich Dir noch einige Tipps mit auf den Weg geben, die Dir dabei helfen werden, JTBD und Customer Gains in Deinen Interviews präzise zu erkennen und voneinander zu unterscheiden.

Achte auf Adjektive

Erstens solltest Du in Deinen Interviews darauf achten, wenn Deine Interviewees Adjektive verwenden. Sehr häufig kombinieren sie dabei einen JTBD mit einem Customer Gain. Wenn Dein Interviewpartner beispielsweise sagt, er müsse “schnell zur Arbeit pendeln”, dann ist der JTBD Zur Arbeit pendeln und der Customer Gain Zeit sparen bzw. Fahrzeit minimieren.

Achte auf Kaufmotive

Zweitens solltest Du in Deinen Interviews auch auf Aussagen achten, die klassische Kaufmotive benennen. Wenn Dein Gegenüber von Zeit, Komfort, Produktivität, Gesundheit, Kosten etc. spricht, dann steckt dahinter in der Regel ein klarer Outcome bzw. ein Customer Gain.

Achte auf Verben, die eine Richtung angeben

Dritten solltest Du aufmerksam werden, wenn Dein Interviewpartner Verben nutzt, die eine Richtung anzeigen. Denn wie Du nun weißt, sind Richtungsverben ein Teil von Need Statements.

Wenn Dein Interviewee beispielsweise davon spricht, etwas zu senken, zu steigern, zu erhöhen, zu mindern oder zu minimieren, dann wird höchstwahrscheinlich auch hier ein Customer Gain hinter dieser Aussage stecken.

Richtungsverben weisen auf einen Customer Gain hin

Ein wenig nachbohren musst Du allerdings, wenn Dein Gesprächspartner von “verbessern” spricht. Was genau heißt für ihn oder sie “besser”?

Frage nach dem JTBD, wenn Du den Customer Gain kennst

Wenn Du den ersehnten Outcome bzw. Customer Gain durch Adjektive, Richtungsverben oder Kaufmotive erkannt hast, frage nach dem JTBD, mit dem Dein Interviewpartner versucht, diesen Gain zu erreichen.

Sagt Dein Interviewee zum Beispiel, dass er oder sie die “Besucherzahlen seines Blogs steigern” möchte, frage ihn danach, was er unternimmt, um das zu erreichen.

Frage danach, wann ein JTBD für Deine Nutzer “gut” erledigt wurde

Manchmal kann es auch helfen, wenn Du Deinen Gesprächspartner einfach danach fragst, wann ein JTBD seiner Meinung nach gut erledigt wird. Sagt Dir Dein Interviewpartner zum Beispiel, dass er “Suchbegriffe recherchieren” müsse, dann frage ihn, wann die gefundenen Suchbegriffe seiner Ansicht nach gut sind bzw. wie er erkennt, dass seine Recherche erfolgreich war. Welche Kriterien legt er dabei zugrunde?

Verwende Job Stories

Auch Job Stories können Dir dabei helfen, präziser zwischen JTBD und Customer Gains zu unterscheiden.

Mit der Job Story den Fokus auf Deine Kunden maximieren

Diese “zwingen” Dich schon allein durch ihren Aufbau dazu, beides sowohl gedanklich als auch sprachlich voneinander zu trennen. Darüber hinaus unterstützen sie Dich dabei, Clarifier, Customer Pains und Workarounds Deiner Zielgruppe präzise festzuhalten und auszuformulieren.

Wie diese Methode genau funktioniert, erfährst Du in meinem Artikel Mit Job Stories zu mehr Kundenfokus.

Fazit

Jobs to Be Done und Customer Gains sind zwei eng miteinander verwobene, aber dennoch unterschiedliche Konzepte der JTBD-Methode. Es erfordert zwar wie alles ein wenig Übung und Praxis, um sie präzise zu erkennen und zu formulieren, aber mit Hilfe von Job & Need Statements ist das Ganze auch kein Hexenwerk. Falls Du Rückfragen hast oder Du Dich weiter zu diesem Thema hast, kannst Du gerne einen Beitrag in unserer Gruppe zum Thema Kundenzentrierung schreiben. Ich freu mich auf Deine Fragen und Dein Feedback!

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